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Berufswünsche


Als ich nach der Geburt meines Bruders, also im Alter von ca. 3 1/2 Jahren, meine Mutter im damals noch existierenden Diakonissen-Krankenhaus in Sobernheim besuchen durfte, faszinierten mich besonders die Spitzenhäubchen der Schwestern, und ich verkündete:

“Wenn ich groß bin, will ich das auch werden, damit ich so eine schöne Haube tragen darf!”


Mein Bruder war da mit ca. 4 oder 5 Jahren schon weiter und verkündete ganz pragmatisch, nachdem er mit Frieda den örtlichen Schuster besucht hatte:

“Schuhmacher ist auch ein schöner Beruf; da sitzt man den ganzen Tag im Trocknen!”


Er wusste ja aus der Familie, dass das bei einem Landwirt nicht so ist.





1966 - 1968


Im Herbst 1966 erfolgte  die Scheidungsverhandlung beim Amtsgericht Sobernheim. Eigentlich ja erst mal eine “Versöhnungsverhandlung” - so ungefähr hieß das. Aber auch der Richter sah ein, dass eine Versöhnung unter den gegebenen Umständen nicht sinnvoll gewesen wäre. Also Scheidung; Unser Sohn wurde mir zugesprochen, mein nun Ex sollte Unterhalt zahlen.


Nur tat er das nur sporadisch. Erst mal meinte er, uns für dumm verkaufen zu können mit seiner Zahlungsweise:

Einmal zahlte er ordnungsgemäß am Monatsanfang, dann verschob er die Zahlung zur Monatsmitte, dann zum Monatsende - und dann ließ er einen Monat die Zahlung aus. Er hielt uns wohl für sehr dumm.


So lange Frieda ihm auch “zugearbeitet” hatte, nun war sie sein ärgster Gegner, und sie passte auf. Trotzdem zahlte er irgendwann nach seinem Ausscheiden aus der BW überhaupt nicht mehr, und Nachforschungen über das Meldeamt blieben erfolglos, und auch das Einschalten eines Rechtsanwaltes war vergebene Liebesmüh’, doch da in diesen Fällen ja die betroffenen Kinder klagen, entstanden mir zumindest dadurch keine Kosten. Mein Sohn erzählte mir zwar viel später einmal, dass sein biologischer Vater doch noch seinen Verpflichtungen nachgekommen wäre - im nachhinein. Aber ich bin skeptisch, ob das wirklich so ist bzw. war. Da müsste er schon sehr reich geworden sein. Vielleicht hat er eine reiche Frau geheiratet? Wäre mir auch egal.


Klar hatte Frieda in der Zeit zwischen der Trennung und der Scheidung darauf geachtet, dass ich keine neuen Männerbekanntschaften machte, denn das hätte K. leicht Zündstoff für die Scheidungsverhandlung liefern können, aber nachdem die Scheidung überstanden war, war sie natürlich auch wieder bedacht, dass ich einen neuen Ehemann finden würde. Denn in ihrem Weltbild war eine Frau ohne Ehemann nichts wert. Und dass eine Frau alleine in ein Restaurant oder eine Kneipe geht, war für Frieda undenkbar. So etwas taten nur unanständige Weiber.


Heikos erster Friseurbesuch in Sobernheim war - sagen wir mal -  spektakulär. Er schrie, als ob ihm jemand ans Leben wollte. Es war grauenvoll. Alle Leute im Salon schauten mich an, als ob ich ihm etwas getan hätte.


Nachdem ich all die Jahre über mal zu diesem, mal zu jenem Friseur gegangen war, fand ich nun, ganz in der Nähe meiner Dienststelle, einen, zu dem ich viele Jahre lang ging. Jeden Samstag, und meinen Sohn nahm ich mit dort hin.

Und in diesem Salon in Bad Kreuznach, da war er die Ruhe selbst. Während der Sohn mich “verarztete”, kümmerte sich der Vater um meinen Sohn. Alles ganz entspannt.

Ich trug damals “Courrège”; man kennt diesen Schnitt von “Raumpatrouille Orion”, da waren die Haare der Damen auch so geschnitten.


Abseits des Salons trafen sich die Stammgäste meist bei Fastnachtsbällen; und für die war auch z. B. an Rosenmontag geöffnet, damit die Ballfrisuren für den Abend nochmal aufgefrischt werden konnten.


Ein neues Hobby hatte ich mir zugelegt: Nähen. Es gab eine Nähmaschine im Haus, keine elektrische, nein!, eine mit Fußbetrieb; gut für ein Koordinationstraining. Ich versuchte mich erst mal an einfachen Kleidchen, und mit der Zeit steigerte sich dann der Schwierigkeitsgrad meiner Schneiderei bis hin zu vorbildlich gefertigten Blazern. Später nähte ich für meinen dritten Mann auch  Hemden, da es schwierig war, für ihn passende zu kaufen.

Schon damals war ich ein Nachtmensch; so sass ich oft halbe Nächte in meiner Küche und nähte. Und wenn mein Vater Nachtschicht hatte und spät/früh nach Hause kam, dann setzte er sich nochmal zu mir auf ein Feierabend-Bier.


Ich machte - natürlich wieder mit Unterstützung meines Vater - meinen Führerschein. Mein Ex, der Fahrlehrer, hatte ja immer gemeint, dazu wäre ich zu blöd. Aber ich schaffte ihn (den Führerschein) auf Anhieb! Natürlich war der wöchentliche theoretische Unterricht in Sobernheim wieder nur durch das organisatorische Wirken meines Vaters machbar: Er vereinbarte mit einem befreundeten Arbeitskollegen, dass der mich nach Beendigung des Unterrichts nach Steinhardt fahren würde. Und nur ein einziges Mal kam er nicht.

Ich machte mich zu Fuß auf den Weg die 3 km nach Steinhardt, als ich bemerkte, dass immer wieder dasselbe Auto an mir vorüber fuhr. Am Ortsausgang war eine Tankstelle, die gerade noch geöffnet hatte. Ansonsten hätte ich auch keine Scheu gehabt, an irgendeinem Haus zu klingeln. Von dort aus rief ich ein Taxi und ließ mich nach Hause fahren.


Der Arbeitskollege meines Vaters hatte einfach nur verschlafen. Nach seiner  Tagschicht wollte er sich nur ein bisschen ausruhen  ...  Kann ja mal passieren. Und es ist ja zum Glück auch gut gegangen.


Am 26.04.1967 bekam ich meinen Führerschein - und ich habe ihn (fast) immer noch!

Fast? Die Behörde hatte einen Fehler gemacht: In meinem Original-Führerschein hatte man meinen Geburtsnamen nicht vermerkt. Und dadurch bekam ich bei einer Polizei-Kontrolle 1973 Schwierigkeiten, da ich wieder geheiratet hatte und nun einen anderen Namen trug. Ich musste mich bei der Zulassungsstelle melden. Ich hatte gedacht, da würde nur mein Mädchenname einfach dazu geschrieben. Aber ich  bekam einen “Ersatz-Führerschein”, wo doch in meinem Original-Führerschein so ein tolles Bild von mir war! Mit Courrège-Frisur.


Natürlich kaufte ich mir ein Auto, bzw. ich hatte es schon gekauft, und es stand  schon in seiner Garage, der früheren Schmiede, in Steinhardt: ein Ford 12 M, weiß mit schwarzem Dach - KH-PT 15. Ich glaube, das Kennzeichen seines ersten Autos vergisst man nicht so leicht - dachte ich; Freunde, die ich danach fragte, bestätigten das jedoch nicht.


Nachdem ich meinen Führerschein in Händen hatte, und wir Erfolgreichen einen kleinen Umtrunk gehabt hatten, ließ ich mich von einem  Taxi nach Hause fahren, setzte mich in mein Auto - und fuhr erst mal nach Sobernheim, um eine unglückliche, Tränen verströmende, nicht-erfolgreiche Fahrschülerin nach Hause zu fahren. Anschließend fuhr ich zur Dienststelle nach Idar-Oberstein. Dorthin war ich öfter mal als Vertretung der Sekretärin geschickt worden, dort kannte ich mich aus.


Am nächsten Morgen fuhr ich, klar, mit meinem Auto zur Arbeit nach Bad Kreuznach. Und klar auch, dass Alle wissen wollten, wie ich ankomme - abgewürgt habe ich mein Auto beim Hochfahren über den Bürgersteig in die Hofeinfahrt! Aber einer der angestellten Berufs-Fahrer meinte, dass ihm das auch schon passiert sei - in einer Großstadt, mitten auf einer verkehrsreichen Kreuzung. Wem ist so etwas noch nie passiert!?


Nun fuhr ich also Tag für Tag mit meinem Auto zur Arbeit. Am Abend auf dem Rückweg nahm ich meist einen älteren Kollegen mit in den nächsten Ort.

Ich erinnere mich an eine lustige Begebenheit: Mein Auto war, wie gesagt, weiß mit schwarzem Dach. Es regnete am Abend in Strömen. Ich sass schon in meinem Auto und wartete auf den Kollegen. Der kam dann endlich aus dem Haus ... lief zu einem blauen Auto und setzte sich hinein. Und ich sass in meinem und wartete darauf, dass ihm sein Fehler auffiel. ☺


Wenn ich nach Hause kam, wollte mein Sohn Heiko meist spazieren gefahren werden. Nur: Wir waren noch nicht richtig aus dem Dorf raus, da war er schon auf der Rückbank eingeschlafen. Ist doch ein gutes Schlafmittel für kleine Kinder, so ein Auto!


Aber nicht alles ist Gold, was glänzt! Heute weiß man, dass Scheidungen auch bei “Unschuldigen” Spuren hinterlassen, und dass ein Gefühl von Versagen eintreten kann. Jedenfalls trank ich einige Zeit lang recht viel Alkohol, und hatte auch diverse “One-Night-Stands”, wie man sie heute nennt.


Und eigentlich hätte ich mir gar kein Auto kaufen dürfen. Denn:


Anfang 1967 organisierte ein Kollege eine Fastnachtsfête in einem Lokal in Bad Kreuznach.  Ich  hatte  mir  ein Zimmer in einem kleinen Hotel genommen, wo früher mein Bruder mal kurz in der Zwischensaison gearbeitet hatte. Bei dieser Feier machte ich die Bekanntschaft von K.-H., der im Kurhaus Bad Münster am Stein als Kellner arbeitete, und der aus Wien stammte.

Mit ihm hatte ich eine länger dauernde Beziehung, die - natürlich - auch Frieda befürwortete, denn “Wien” hört sich doch nach “Hamburg” auch gut an.


Sie sprach sich auch dafür aus, dass ich gerne doch ab und zu über Nacht bei meinem Freund bleiben könne; sie würde sich gerne um meinen Sohn kümmern. An unerwünschte Folgen dachte sie nicht.


Aber ich wurde schwanger, K.-H. ließ nichts mehr von sich hören, und Frieda zwang mich zum Auszug. Diesmal konnte mein Vater nicht mehr helfen. So eine Schande duldete sie nicht in ihrem Haus. Da hatte sie ihre Prinzipien, wie wir wissen.


Ich suchte mir also in Bad Kreuznach eine kleine Wohnung und fand in einem Hochhaus ein 1-Zimmer-Appartement. Mein Schlafzimmer  verkaufte ich an eine Kollegin, mein Akkordeon an eine andere, auch Küchentisch und -stühle verkaufte ich, meinen Küchenschrank nahm ich mit. Zwar passte das Frieda nicht, denn diese Sachen hatte sie ja bezahlt, also konnte ich das nicht einfach verkaufen - dachte sie; doch diesmal ließ ich mich von ihr nicht einschüchtern.


Aus meinem “Jugendzimmer” hatte ich noch einen Kleiderschrank, die Schlafcouch und den Couchtisch; eine Kommode und eine kleine Truhe kaufte ich.


In diesem Haus nun wohnte auch die Frau, zu der mich mein Ex seinerzeit einmal mitgenommen hatte, mit ihrem Mann und ihrem Sohn, den sie nun hatten. Ich war öfter mal am Abend bei ihnen zum Fernsehen (ich hatte selbst keinen). Sie zogen dann leider aus, hatten sich in einem kleinen Ort nahe Bad Kreuznach ein Häuschen gekauft. Aber nochmal Jahre später, als ich in einem Krankenhaus bei einem Chirurgen arbeitete, kam sie mit ihrem Sohn zur Untersuchung dort hin. Das war das letzte Mal, dass ich sie sah.


Mein Auto ließ ich in Steinhardt; Herbert machte mit 55 Jahren seinen Führerschein und übernahm das Auto.


Auch meinen Sohn musste ich in Steinhardt bei meinen Eltern lassen. Erst wollte ich gerichtlich gegen dieses Ansinnen von Frieda vorgehen; aber ich glaube, zu damaliger Zeit hätte ich da bei Gericht keine Chance gehabt, zu gewinnen, und außerdem war er der Augapfel meines Vaters, der ihn oft “Felix” nannte, “Der Glückliche”.


Ein anderer Junge, der das für bare Münze nahm, sagte zu seinem Vater: “Das Kind da hat einen komischen Namen - Felix, das habe ich noch nie gehört. Aber ich mag gerne mit ihm spielen.”


Von meiner neuen Bleibe aus konnte ich gut zu Fuß meine Dienststelle erreichen. Meine Kollegen und Kolleginnen waren die Einzigen, die mir in meiner schwierigen Lage beistanden.


Sie schickten mich auch zum Jugendamt, damit alles seine Ordnung habe. Denn als unverheiratete Mutter hatte man nicht nur nicht  das alleinige Sorgerecht, sondern das Jugendamt hatte in allem das letzte Wort.


Von Anfang an drängten mich die Damen des Amtes immer wieder, mein Kind zur Adoption freizugeben. Ich war damit nicht einverstanden; ich wollte mein Kind behalten.


Zumindest setzten sie sich mit dem Kindsvater in Verbindung, der auch nicht bestritt, der Vater des Kindes zu sein. Wenigstens etwas. Und sie überwachten dann später auch den Eingang der festgesetzten Alimente. Mehr konnte man ja vor der Geburt sowieso nicht tun.


Pünktlich war meine Tochter Kerstin!

Wie errechnet, kam sie am 23. November 1967 zur Welt. Fast war sie zu schnell.


Ich hatte schon in der Nacht Wehen, wollte aber meine Nachbarn nicht aus dem Schlaf klingeln, um ein Taxi zu rufen, machte das erst so gegen 6 Uhr am Morgen.

Im Krankenhaus auf der Wochenstation verwechselte man mich erst mit einer anderen Patientin, bis die Hebamme alles aufklärte. Sie war der Meinung, dass das noch dauern würde, brachte mir erst mal Frühstück. Dann lag ich alleine im Kreißsaal, die Fruchtblase platzte - und niemand war da. Also musste ich noch mal aufstehen und eine Klingel suchen. Als meine Hebamme und eine Schwester kamen, kam auch schon meine Tochter.


Aber alles war okay mit ihr und auch mit mir. Die Hebamme unterrichtete meine Kolleginnen bzw. ich konnte auch kurz mit ihnen sprechen. Sie besuchten mich auch einmal zu Hause und brachten mir ein Geschenk.


Nach der Geburt blieb  nicht  mehr  viel  Zeit  für  eine Entscheidung hinsichtlich  des  Verbleibs  meiner  Tochter,  denn  damals hatte man nur 8 Wochen Mutterschaftsurlaub, danach musste ich wieder zur Arbeit.


Stellt Euch vor: Einmal besuchte mich Frieda. Sie hatte keinen Blick für ihre Enkelin. Jeder fremde Besucher hätte da herzlicher reagiert. Sie sagte mir: “Du kannst uns jederzeit in Steinhardt besuchen - aber immer nur ohne Dein Kind.”  Das Wort “Bastard” vermied sie dann doch. Ich kann mich bis heute des Eindrucks nicht erwehren, dass sie, wenn ich einen Sohn geboren hätte, anders reagiert hätte.


Im Haus wohnte auch eine junge Frau mit Mann und Tochter, mit denen ich mich ein bisschen angefreundet hatte. Sie bot mir an, tagsüber meine Tochter zu betreuen. Allerdings das Jugendamt ließ es nicht zu mit der Begründung: “Diese Frau kann ja nicht zwei Kinder gleichzeitig spazieren fahren.” Was für ein Blödsinn! Als wenn im Kinderheim die Kinder spazieren gefahren würden!


Ich gab auf Anraten der Jugendamt-Damen eine Anzeige auf, in der ich eine Pflegefamilie bzw. Pflegemutter/-oma suchte. Aber abgesehen davon, dass nur sehr wenige auf die Anzeige reagierten: Die, die mir zusagten, lehnten die Damen ab. Ausnahmslos.


Eigentlich hätte ich auch meine Arbeitsstelle kündigen und mit meiner Tochter von Sozialhilfe leben können. Aber ich war ja damals in diesen Dingen naiv und unerfahren und wusste das nicht; weder meine Kollegen, die sicher daran nicht dachten, noch das Jugendamt, die das sehr wohl wussten, wiesen mich auf diese Möglichkeit hin. Denn das hätte auch deren Pläne durchkreuzt.


Also  blieb mir nichts  anderes  übrig,  als  meine  Tochter  tränenüberströmt  nach  8 Wochen zum Kinderheim zu bringen. “Ausnahmsweise”, so die Jugendamt-Damen, würde mir erlaubt, meine Tochter jeden zweiten Sonntag im Kinderheim zu besuchen. Dort sass ich dann in einem Kämmerchen, hielt meine Tochter auf dem Arm - und sie wurde mir fremder und fremder.


Ich denke heute, dass das alles genau kalkuliert war von den Damen des Jugendamtes, vielleicht gab es ja auch eine kleine Zuwendung, wer weiß? Es kam also, wie es wohl nicht zu vermeiden war: Ich willigte schließlich in die Adoption meiner Tochter ein. Und Frieda war’s zufrieden; das hatte sie ja auch von Anfang an gewünscht. Drecksluder, scheinheiliges!


All dies war natürlich meinem Sohn unbekannt. Klar, war er doch zum Zeitpunkt der Geburt meiner Tochter erst 3 1/2 Jahre alt. Und hinterher war es ja, so glaubten wir alle, nicht mehr von Bedeutung für ihn. Aber man kann sich täuschen.  Deshalb will ich hier von der zeitlichen Abfolge meiner Erzählung abweichen und auch noch das, zumindest vorläufige, Ende der Geschichte erzählen.


Mein Sohn lernte Mitte der 90er Jahre eine Frau kennen, eine Ossi, die aus erster Ehe einen Sohn hatte. Sie hieß - Kerstin. Als mein Sohn diese Frau Frieda vorstellte, erschrak Frieda zutiefst, denn sie hatte die Befürchtung, dass Kerstin die Halbschwester meines Sohnes sein könnte. Also erzählte Frieda den Beiden die ganze Geschichte. Nicht ohne sich natürlich gehörig darüber zu empören, wie denn eine Mutter (ICH) ihr Kind weggeben kann. Wenn die Freundin und spätere Frau meines Sohnes einen anderen Vornamen gehabt hätte, würde Frieda natürlich nichts erzählt haben, denn für so einen Vorfall musste man sich ja eigentlich schämen.


Ich hatte seit - es muss Frühjahr/Sommer 1985 gewesen sein,  den Kontakt zu Frieda abgebrochen; darüber werde ich noch berichten; aber das ist eine andere Geschichte. Später war dann mein Sohn Heiko zu seiner Großmutter nach Steinhardt gezogen; auch das ist eine andere Geschichte.


Ich bekam im August 2012 ein Schreiben des Jugendamtes Bad Kreuznach mit der Nachricht, dass meine Tochter Kerstin Kontakt zu mir aufnehmen möchte, um mehr über ihre Herkunft und Familie zu erfahren. Ich möge mich doch bitte auf jeden Fall melden; Montags sei die Dame am besten telefonisch zu erreichen.

Ich rief also dort an, und mir wurde schon gleich mitgeteilt, dass diese Dame sich in dieser Sache schon telefonisch mit meinem Sohn in Verbindung gesetzt hatte, und von ihm hätte sie meine Anschrift bekommen. Meine Empörung darüber konnte diese Dame gar nicht verstehen, obwohl ihr doch klar gewesen sein müsste, wenn sie denn nachgerechnet hätte (falls sie das kann), dass man einem 3 - 4jährigen Kind solche Dinge nicht erzählt hatte. Ihre Reaktion auf meine Vorhaltungen war nur: “Aber er wusste es doch!”


Ich frage mich in solchen Fällen, wozu es denn in Deutschland eine Meldebehörde und  auch ein Meldegesetz gibt, wenn sich keiner dessen bedient, noch nicht einmal Behörden.


Jedenfalls schrieb ich einen Brief an Kerstin (über das Jugendamt), den sie auch beantwortete. Sie schrieb mir, dass es ihr gut gehe, dass sie vollstes Verständnis für meine damalige Entscheidung hätte bzw. dass sie mir dankbar sei für diese Entscheidung. Sie hatte noch einige Fragen bezüglich Erbkrankheiten usw. Und das wäre der eigentliche Grund dafür gewesen, dass sie sich mit mir in Verbindung setzte: In Zukunft Arztfragen nach evtl. familiären Vorerkrankungen besser beantworten zu können.

Außerdem wollte sie eine Einsicht in die gesamten damaligen Jugendamtsakten beantragen, und dazu benötigte sie meine Zustimmung.


Aber aufgrund der damaligen und auch heutigen Handlungsweise des Jugendamtes in Bad Kreuznach war ich da sehr skeptisch und suchte Rat. Da ich einen guten Bekannten habe, der beim Sozialamt in Frankfurt tätig ist, rief ich diesen an und bat um Hilfe. Er vermittelte mich an eine Dame des Jugendamtes, die für Adoptionen zuständig ist, und diese Dame riet mir von einer Zustimmung zur Öffnung der damaligen Jugendamtsakten ab. Denn auch diese Akten wären - klar - nur nach Wissen und Gewissen bzw. subjektiver Sicht der damaligen Angestellten geführt. Sie empfahl mir, meiner Tochter ein persönliches Treffen anzubieten, bei dem sich alle offenen Fragen klären lassen könnten.

Ich schrieb nochmal an meine Tochter, bekam jedoch keine Antwort mehr. Aber ich weiß ja nun zumindest, dass es ihr gut geht. Sie ist verheiratet, hat zwei Töchter. Und sie kennt meine Adresse.


Fast zeitgleich zu dem Schreiben meiner Tochter bekam ich von dieser Dame vom Jugendamt ein entsprechendes Formular zugeschickt, das ich aber nicht unterschrieb. Es liegt immer noch hier bei meinen Unterlagen.


Ob die Akten nicht doch für meine Tochter geöffnet wurden, weiß ich natürlich nicht; zutrauen würde ich es dem Jugendamt Bad Kreuznach.


Ich hatte anfangs darüber nachgedacht, wegen dieser Handlungsweise der Bad Kreuznacher Jugendamt-Damen einen Rechtsanwalt einzuschalten. Nur hätte ich den erstmal bezahlen müssen, bevor er sich diesen Sachverhalt überhaupt angehört hätte. Und ob dann die Möglichkeit bestanden hätte, da etwas zu tun, war fraglich. Also ließ ich es. Das Wichtigste ist schließlich, dass es meiner Tochter gut geht.







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