Teil 2 Seite 6

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Ufi ✝


Ufi ließ er sich am liebsten nennen, oder auch “Ed”, aber er  hieß eigentlich Eduard W. Urbainz und stammte aus dem Sauerland aus einer Unternehmerfamilie.


Den ihm eigenen Dünkel hatte ihm seine Mutter eingeimpft, die als “einfaches Mädchen” den Vater dazu gebracht hatte, sie zu heiraten, und die deshalb sehr darauf bedacht war, mit der ihr ihrer Meinung nach zustehenden Achtung und Hochachtung behandelt zu werden. Vielleicht (oder sicher) war es auch nur so gewesen, dass sie mit ihm ins Bett gestiegen war und für seinen Nachwuchs gesorgt hatte.


Ufi lernte ich kennen, weil er für seine Mutter eine Gesellschafterin mit Bildung und etwas Krankenpflege-Kenntnissen suchte, und ich dachte, dass das etwas für mich wäre, da es mir wegen des Mobbings in der Klinik nicht mehr gefiel.


Er ließ mich an einem Freitag gegen Abend von einem Taxi an meiner Wohnung bei Mainz abholen und zu seiner Wohnung in der Nähe von Bingen fahren. Vornehm geht die Welt zugrunde - die von Ufi sowieso.


Er war unbedingt und immer schwanzgesteuert. Natürlich wollte er mich “testen”, obwohl ich so gar nicht seinem Frauen-Ideal entsprach, das da war: jung, dürr, exotisch, schwarzhaarig. Nur vermisste er bei diesen “Hühnern”, wie er sie auch nannte, eines: Er konnte mit ihnen keine Gespräche führen. Man(n) kann eben nicht alles haben.


Er hatte für reichlich Wein für diesen Abend gesorgt, weil er meinte, dann bekäme er mich leichter ins Bett. Aber er war früher betrunken als ich. Wahrscheinlich hatte er auch tagsüber schon so einiges konsumiert. Gewöhnlich bestand sein erstes Frühstück aus einem großen Schnaps. Und für sein an diesem Abend mit Latex-Bettwäsche bezogenes Bett hätte ich mich sowieso nicht begeistern können; ich schlief da lieber auf der Couch, wenn ich schon nicht mehr in der Nacht zu meinem Zuhause konnte. Aber gut unterhalten hatten wir uns! So fing unsere seltsame Beziehung an. Für mich war eines wichtig: Erst mal weg aus der Mainzer Klinik!


Wie ich dann später herausfand, weil es mir von einigen seiner Liebschaften erzählt wurde, die immer mal auftauchten - und wieder verschwanden: Aufgrund des jahrelangen Alkoholabusus konnte er seiner Lieblingsbeschäftigung, dem Beischlaf, gar nicht mehr so richtig nachkommen. Meist schlief er währenddessen einfach ein.


Er war - quasi - der örtliche Geschäftsführer einer fränkischen Firma für Kanalreinigung und ähnliches, die auch viele Aufträge aus dem Binger Umkreis hatte. Er wohnte in einem Haus auf dem Firmengelände; morgens kamen die Fahrer und Beifahrer und nahmen die Aufträge in Empfang - und das war es dann meist an Arbeit für den Tag, außer dem Entgegennehmen von Telefonanrufen. Nebenbei hatte er noch einiges andere “laufen”, aber (wie ich das sah und heute noch sehe) selten erfolgreich. Jedenfalls waren seine/unsere Besuche in einer Frankfurter Immobilienfirma, die ihm angeblich sehr viel Geld schuldete, meist nicht erfolgreich.


Aber diese “Beziehung” dauerte recht lange, obwohl wir - eigentlich - so gar nicht zueinander passten.

Ich wohnte im Büro-Gebäude, aber tagsüber war ich meist in Ufis Behausung. Ich erledigte seine Büro-Arbeit, war sein menschliches Telefonbuch (Zahlen kann ich mir gut merken, was aber nichts mit Mathematik zu tun hat!), und ich fuhr ihn zu Treffen mit obskuren Geschäftspartnern, bei denen meist nichts bei rum kam. So konnte er seinem Alkoholismus freien Lauf lassen.


Ich war also sein “Mädchen für alles” (er stellte mich immer als seine Sekretärin vor), nur nicht für das, was seiner Meinung nach das Wichtigste war - das Bett. Aber er wusste, dass er sich auf mich verlassen konnte, und dass er mit mir gute Gespräche führen konnte, wobei ich mit meiner Meinung über ihn auch nicht hinterm Berg halten musste; da war er mir auch nie böse drum.

Und mir eröffnete das Leben bei ihm aus damaliger Sicht vor allem die Möglichkeit, eine Reise nach Thailand zu unter-nehmen, ein Land, das mich schon immer interessiert hatte. Und er hatte da über seinen “Chef”, der mit einer Thailänderin zusammenlebte, Verbindungen und ein angeblich ihm gehörendes Hotel in Jomtien, gleich bei Pattaya; damals wirklich noch ein fast ursprünglicher Ort, wenn ich es mit dem vergleiche, was man heutzutage in TV-Berichten sieht.


Natürlich, wie nicht anders zu erwarten, verlief auch diese Reise nicht ganz so wie erwartet.

Ufi flog erst mal alleine hin, ich folgte 2 Wochen später. Dass ich auch dieses Mal wieder Business-Class fliegen konnte/durfte, wuchs sich schon zur Gewohnheit aus. Zum Glück hatte ich vorher unser Hotel kontaktiert, denn Ufi hatte doch über seinen Bettgeschichten tatsächlich vergessen, dass ich komme, und NICHT für mein Abholen gesorgt, wie er es ja - eigentlich - zugesagt hatte. Aber wozu war ich denn seine Sekretärin, wenn ich mich nicht selbst kümmern würde?


Nach meiner Ankunft im Hotel in Jomtien, das nur über abenteuerliche Wege mit dem Auto zu erreichen war, oder zu Fuß vom Strand aus, wollte ich gleich meinen “Chef” besuchen, was beim Hotelpersonal Zurückhaltung auslöste. Offenbar glaubten sie, ich sei seine Partnerin; aber ich konnte sie beruhigen und glaubhaft versichern, dass es mir schon klar sei, dass er nicht alleine sein würde.

Nachdem ich mich dann eingerichtet hatte, ließen wir uns vom Hotelbus erst mal zum Strand fahren, wo eine nicht mehr ganz so junge Frau engagiert wurde, die mir eine Thai-Massage und eine Manüküre verpasste. Natürlich kam Ufis Begleiterin mit. Sie war nun auch meine Begleiterin. Thailänder/innen denken wohl, dass Europäerinnen nicht imstande sind, alleine über eine Straße zu gehen, alleine einzukaufen, usw., gerade, dass sie mal fähig sind, alleine eine Toilette zu benutzen. ☺


Jedenfalls zeigte Ufi mir “sein” Pattaya; in der thailändischen Version des Hamam sassen die Mädchen mit Nummern am Kleid wie Hühner auf der Stange auf Bänken hinter Glas, und man konnte sich eine aussuchen. Ufi fand - natürlich -, dass ich die bessere Wahl getroffen hatte, aber das war nun mal so. Selbst schuld. Und so “unschuldig” und sachlich wie im richtigen Hamam geht das Ganze auch nicht vor sich.


Am Abend gingen wir des öfteren zu einer Show mit Ladymen, was in diversen Lokalen angeboten wird. Die Geschäftsführerin des Hotels war mit mir einmal in einer anderen, größeren Vorstellung; da musste ich aber Ufi Recht geben: Die kleinere Version gefiel auch mir besser. Von “Lucy”, die kurze Zeit mit Ufi zusammen war, habe ich noch immer ein Foto. Sie nahm mich auch mit in ihr Zimmer in der Stadt, das eigentlich nur ein Holzverschlag war mit großem Bett und Schrank. Ich war darob etwas betroffen. Aber: In so einem Zimmer lebte nebenan eine 12köpfige Familie. Und sie luden mich zu sich ein, einer von ihnen ging los um eine Flasche Bier zu kaufen, die wir dann alle gemeinsam leerten. Ich war fassungslos.


Ebenfalls viele Male waren wir beim Thai-Boxen. Einmal, an meinem Geburtstag, ging ich auch alleine in die Stadt, “mietete” mir in einer Bar ein junges Mädchen, um nicht alleine dorthin gehen zu müssen, und nahm sie mit dahin, und anschließend noch in eine Disco. Sie war offensichtlich so zufrieden damit, mal einen Abend lang nur als meine Begleiterin zu fungieren, und keine sexuellen Wünsche erfüllen zu müssen, dass sie sich sogar weigerte, noch zusätzliches Geld von mir anzunehmen; sogar jeweils ein Getränk musste ich ihr förmlich aufdrängen.


Oft sass ich des Nachts mit jungen Thailänderinnen, die von männlichen Hotelgästen engagiert worden war, an der Bar - und ließ mir die thailändische Sprache beibringen. Einiges davon ist bis heute in meinem Gedächtnis haften geblieben, und ab und zu verwende ich es auch in Thai-Restaurants; dann zum großen Erstaunen der mich bedienenden Angestellten.


Die Geschäftsführerin des Hotels war mit mir u. a. in einem Orchideen-Garten und einer Elefanten-Show, wo mir von einem kleinen Elefanten, der über mich stieg, meine Brille geklaut wurde. Natürlich gab er sie mir auch wieder zurück.

Und es gibt ein Bild von mir, wo ich einen Python um den Hals trage, was damals eine andere Dame zu lauten Igittigitt-Schreien veranlasste, zusammen mit der Feststellung: “Die sind doch nass und glibbrig!” Keine Ahnung haben manche Leute, aber davon eine ganze Menge.


Wer mir allerdings an einem Abend auf der Hotelterrasse wohl K.O.-Tropfen in mein Getränk gab, ist mir bis heute ein Rätsel. Ich saß da mit einer Frau aus Wien, Stadtverordnete, von Beruf Schuhmacher-Meisterin, und zwei ebenfalls aus Wien stammenden Lehrern. Einmal ging ich zur Toilette. Dann weiß ich nur noch, dass ich mich seltsam fühlte; alles war ver-schwommen. Klar, wir hatten Alkohol getrunken, aber Betrunkensein fühlte sich anders an, das registrierte ich alles noch. Und da dieses Benommenheitsgefühl nicht weichen wollte, stand ich auf und ging zu Ufi in den Bungalow. - Und dann bin ich weggetreten.

Ufi erzählte mir später, nachdem ich einen ganzen Tag verschlafen hatte folgendes:

Ich sei in seinen Bungalow gekommen mit “riesigen Augen”, er meinte wohl geweiteten Pupillen, habe “wie irre” um mich geschaut, sei zum zweiten Bett gewankt - und dann war ich weg.

So etwas ist mir seitdem zum Glück nie mehr passiert, aber es beschäftigt mich bis heute, wer mir das angetan haben könnte, und auch warum.


Mein liebstes Gedenken gilt jedoch der kleinen Katzen-Mama “Meau”, die auf dem Hotelgelände lebte, und die damals trächtig war. Ich “adoptierte” sie quasi, meist zweigte ich von meinem Essen etwas für sie ab bzw. bestellte mir sogar ihretwegen z. B. einen ganzen gebratenen Fisch, von dem sie dann Kopf und Gräten bekam. Und auch von ihr gibt es noch Bilder, ebenso von ihren Kinderchen, die sie im Kleiderschrank in meinem Zimmer/Bungalow zur Welt brachte. Vier waren es: eines schwarz, wie der Papa, eines grau-weiß, wie die Mama, eines rot-weiß, und eine sogenannte “Glückskatze”, die alle Farben trägt.

Wann hat man schon mal Gelegenheit, das Verhalten einer Kätzin bei und nach der Geburt ihrer Jungen so aus nächster Nähe zu beobachten. Vor allem, da sie doch zu mir großes Vertrauen gefasst hatte, und ich auch ihre Kinder anfassen, von ihr wegtragen und fotografieren konnte bzw. durfte, ohne dass sie auch nur im geringsten deswegen besorgt gewesen wäre.


Drei Tage lang blieb sie bei ihren Jungen liegen, erst danach ging sie immer mal wieder ins Freie, erst nur einige Minuten, wohl um ihre Notdurft zu verrichten, später unternahm sie dann längere Streifzüge.

Der Kater wurde der Kinderstube fern gehalten. Aber die auf dem Hotelgelände lebende zweite Katze, die auch Junge hatte, die aber aus schlechter Erfahrung den Menschen mit Misstrauen begegnete, überwand ihre Menschenscheu und machte bei ihrer Mit-Mutter einen “Wochenbett-Besuch”: Sie kam ins Zimmer, ging zu der “Wöchnerin”, betrachtete sich deren Wurf, sagte “Mau” - und ging wieder. Dieses Verhalten fand ich äußerst bemerkenswert.


Ja, und dann, so ca. 2 Wochen später, bevor ich abreisen musste, nahm sie ihre Kätzchen und trug sie in ein neues Quartier. Sie hatte wohl die Packerei und die dadurch entstandene Unruhe richtig gedeutet.

Ich hoffe, dass sie alle ein schönes Leben hatten.


Eine mehrtägige Dschungelreise, die wir für mich in einem örtlichen Reisebüro buchten, ist mir in lebhafter Erinnerung geblieben. Oft waren wir mit Booten unterwegs, besuchten eine Tropfsteinhöhle, nächtigten auf einem Floß-Haus, fuhren auf der “Todesstrecke” von Namtuk (das heißt: Wasserfall) nach Konchonaburi, wo sich die berühmte “Brücke am Kwai” befindet, mit der Eisenbahn, besuchten dort in einem ehemaligen Kriegsgefangenenlager der Japaner ein Museum, auch der Besuch eines Soldatenfriedhofes war dabei.

So etwas behagte mir mehr als der Besuch von Bars und das Aussuchen von Mädchen für Ufi, der nie die “Richtige” fand. Und mittlerweile machte er dafür mich verantwortlich, so dass wir häufig Streit deswegen hatten.


So war ich dann letztendlich sehr froh, als unsere dann sowieso schon verlängerte Reise zu Ende ging. Mit dem Hotelbus wurden wir zum Flughafen gebracht ... und Ufi musste dort bleiben, denn sein Visum war abgelaufen, aber er hatte das nicht beachtet. Und offenbar bestand auf dem Flughafen keine Möglichkeit, das Visum zu verlängern. Also reiste ich alleine zurück, mit zwei großen Sträußen Orchideen.

Ein mitreisender Sikh wollte mich unbedingt dazu bewegen, mit ihm in Delhi auszusteigen; angeblich wollte er mich heiraten. Aber dazu ließ ich mich dann doch nicht hinreißen!


In Frankfurt angekommen, rief ich (dank meines Zahlengedächtnisses) den Taxifahrer an, der öfter für Ufi tätig war, und der mit Tankfüllungen aus den lagernden Dieselbeständen von Ufis Arbeitgeber bezahlt wurde. Er holte mich ab. Einen der Orchideen-Sträuße bekam eine Nachbarin, die sich gekümmert hatte. So einen Riesen-Orchideen-Strauß hatte sie noch nie gesehen - geschweige denn bekommen! Sie war hin und weg.


Da ich nun fast ganz ohne Geld war und irgendwie ja über die Runden kommen musste, nahm ich das Job-Angebot eines Lokals an, die eine Bedienung suchten.

Die Besitzer (Mutter und Sohn, wobei SIE das Sagen hatte, seine Frau lernte ich nie kennen), redeten mir erstmal den Job schön. In der Realität sah das so aus, dass ich nicht nur Bedienen, sondern gleichzeitig auch den Thekenjob übernehmen musste; außerdem half auch niemand beim Nachschubholen aus dem Keller. Im Prinzip konnte das eine Person alleine vor allem am Wochenende nicht schaffen.


Es war die Zeit der “Wende”, und die Besitzer verdienten sich eine goldene Nase damit, Leute aus der ehemaligen DDR aufzunehmen und in Zimmer einzuquartieren, die von der Gewerbeaufsicht nicht mehr als Gäste-tauglich angesehen wurden. Und das alles wurde von der Stadt bezahlt. Aber das Essen, das Mutter diesen Leuten vorsetzte, war erbärmlich. Ich schrieb zu dieser Zeit sogar mal einen Artikel darüber für die BILD. Es ist ja nicht so, dass ich Ossis in mein Herz geschlossen hätte! - aber was zu viel ist, ist zu viel! Ungerechtigkeiten kann ich auf den Tod nicht ausstehen.


Wie dem auch sei! Als Ufi zurück kam, schmiss ich den Job hin, nicht ohne diesen Leuten gegenüber meine Meinung kund zu tun.


Ufi versank immer mehr im Alkoholismus. Es kam vor, dass er so betrunken war, dass er gar nicht mehr merkte, dass sein Glas gar keinen Schnaps mehr enthielt: Er “trank” aus seinem leeren Glas. Schrecklich, mit anzusehen, wie sich ein Mensch selbst zugrunde richtet. Ist ja nicht so, dass ich absolute Anti-Alkoholikerin wäre - aber ...


Eines Abends, wir sassen wie meist in der Wohnküche am Tisch, ich schaute Fernsehen, Ufi las; dann stand er plötzlich auf, schaute mich an als könne er das alles nicht verstehen - und fiel um.

Ich rief natürlich sofort den Notarzt/Rettungsdienst, und Ufi wurde in die Klinik in Bingen gebracht. Ich fuhr mit dem Auto hinterher. Natürlich erzählte ich den Sanitätern bzw. den Ärzten im Krankenhaus, dass er Alkoholiker sei. Denn - O-Ton Ufi: “Seinen Ärzten und seinen Anwälten (mit denen er auch des öfteren zu tun hatte) muss man immer die Wahrheit sagen, sonst können sie einem nicht helfen!”


Begegnung am Rande: Als ich im Wartezimmer der Ambulanz sass und auf Ergebnisse wartete, wurde ein junger Mann von seiner Freundin hereingeführt - mit einem kleinen Ast im Ohrläppchen. Sie waren des Abends mit Freunden im Wald gewesen, er hatte mit seinem Freund einen richtigen Waldlauf gemacht, nach dem Motto: Wer am schnellsten da und da angekommen ist - und hatte dabei den Ast eingefangen. Er sprach uns anderen im Wartezimmer sogar das Recht zu, über ihn zu lachen.

Sah schon wirklich komisch aus!


Nachdem Ufi schon einige Zeit im Krankenhaus war, und ich ihn natürlich dort fast jeden Tag besucht hatte, klingelte es eines Tages, zwei Herren standen vor der Tür und wiesen sich aus: Polizei; sie wollten Ufi sprechen. Ich sagte ihnen, wo er ist, und sie gingen wieder .

Dann bekam ich einen Anruf von Ufi; er war in Untersuchungshaft und bat mich, seinen Anwalt in Frankfurt anzurufen, damit der sich um alles weitere kümmern könne. Von dem bekam ich auch die Anweisung, täglich oder jedenfalls fast täglich an Ufi zu schreiben, weil solche sozialen Kontakte bei dem anstehenden Haftprüfungstermin Berücksichtigung finden würden. Und das tat ich dann auch; immer eingedenk der Tatsache, dass meine Briefe von Beamten gelesen wurden, bevor sie Ufi erreichten.

Zum Haftprüfungstermin fuhr ich natürlich nach Mainz, auch wieder vor allem wegen des guten Eindrucks, den das hinterließ. Und er hatte Glück - er wurde, natürlich mit der Auflage, sich wöchentlich bei der zuständigen Polizei-Station in Bingen vorzu-stellen, entlassen.

Warum er angeklagt wurde? Natürlich wegen Kreditbetrugs; ein “Handwerk”, das er mit einem Partner ausgeübt hatte. Als es dann zur Verhandlung kam, war ich nicht mehr bei ihm. Irgendwann ist mit solchen Eskapaden Schluss! Aber wir standen noch lange in Kontakt und wenn ich seine Hilfe brauchte, war er für mich da. Er war mir immer für meine Unterstützung dankbar und betonte immer wieder, dass ich ihm damals, als er diesen Zusammenbruch hatte, das Leben gerettet hätte; das vergaß er nicht.

Lange Zeit hatte ich Sachen von mir bei ihm “geparkt”, bis ich sie dann abholen musste, weil sein Arbeitgeber diese Nieder-lassung ganz schloss; er zog auf das Gelände seines Arbeitgebers im fränkischen A., wo ich ihn dann auch mal zusammen mit meinem Kater, der damals noch Heinrich hieß, für ein paar Tage besuchte (davon später).


Dort verstarb er dann auch; wahrscheinlich an einem solchen “Anfall”, wie er ihn auch damals gehabt hatte, als ich bei ihm war und den Notarzt rufen konnte.





Der Banküberfall


Ufi erzählte gerne die Geschichte eines der Arbeiter der Firma, der des öfteren zu ihm kam und um Vorschuss bat, weil der nächste Erste mal wieder weiter weg war als sein Geld reichte.

Ufi hatte für vieles Verständnis, dafür sowieso; aber irgendwann konnte er es nicht mehr verantworten, diesem Mann noch mehr Vorschuss zu geben, und er lehnte ab.

Worauf dieser Arbeiter dann fragte: “Und was soll ich machen? Ich muss doch meine Frau und mein Kind ernähren!” - Und Ufi antwortete: “Dann musst Du eine Bank überfallen.”

Das versuchte dieser Mann dann auch; natürlich ohne Erfolg, er wurde noch in der Bank verhaftet. Aber als Entschuldigung erzählte er dann bei der Gerichtsverhandlung, dass Ufi ihn dazu angestiftet hätte. Ufi wurde geladen und erzählte seine Version, die ihm der Richter sofort glaubte. Der arme Mann wurde verurteilt; ob er in ein Gefängnis oder eine psychiatrische Klinik kam, ist nicht überliefert; auch nicht, was später aus ihm wurde.